Bestäubung bis zur Aussaat

Oft werde ich gefragt wie sät man eigentlich Kakteen und andere Sukkulenten aus?
Hier ein kleiner Leitfaden für Aussaat von Kakteen und anderen Sukkulenten.
Zuerst brauchen wir mal Samen, den wir entweder beim Kakteenzüchter kaufen oder wir gewinnen ihn von eigenen Pflanzen.

Von der Bestäubung bis zum Kakteen-/Sukkulentensamen.
Nun müssen wir uns im Klaren sein wollen wir nur mal ausprobieren wie das Ganze funktioniert oder können wir gezielt eine Pflanze vermehren. Bei einer Artreinen Weitervermehrung brauchen wir zwei verschiedene Pflanzen von der gleichen Gattung und Art. Kommt es nicht so sehr auf die Artreinheit des Aussaatmaterials an, dann können wir versuchen zwei Blüten die gerade an unseren Kakteen geöffnet sind zu bestäuben. Eine Bestäubung zwischen unterschiedlichen Gattungen gelingt nicht immer,  es ist schwierig und es kann misslingen. Wir sehen den ersten Erfolg, wenn sich an der bestäubten Pflanze eine Samenkapsel bildet. Eines haben wir daraus gelernt, meist brauchen wir zwei verschiedene Individuen. Diese können von der gleichen Art sein oder auch nur nahe verwandt.
Ob wir zwei Pflanzen brauchen hängt auch davon ab, ob die zu bestäubende Pflanze selbstfertil (selbstbestäubend) oder selbststeril (nicht selbstbefruchtend) ist. Die oben erklärte Vorgehensweise wenden wir bei selbststerilen Pflanzen an (das ist die größte Gruppe der Kakteen). Haben wir Glück, das die Pflanze selbstfertil ist,  dann genügt es, schon wenn zwei Blüten am gleichen Kaktus geöffnet sind und wir bestäuben diese gegenseitig.

Wie funktioniert die Bestäubung?
Ganz einfach, den reifen Pollen mit einem Pinsel, Wattestäbchen oder einer Pinzette vorsichtig von den Pollenträgern abstreifen. Danach den Pollen auf der Narbe der zu bestäubenden Pflanze aufbringen, siehe Grafik unten.

Pollen-und-Narbe

Wie geht es weiter?
Bei erfolgreicher Bestäubung verdickt sich die Blütenröhre bis die Frucht fertig ausgebildet ist. Die Samenkapsel muss vollständig ausgereift sein bevor es an die Ernte geht. Manchmal erkennt man es daran, dass sie aufplatzt und der Samen sichtbar wird. Oder die Farbe verändert und sich leicht von der Pflanze ablösen lässt. Sie trocken wird und nur noch eine Papierartige Hülle den Samen umschließt. Die Samenreife kann nach einem oder gar erst nach zwölf Monaten eintreten, dies ist von Art zu Art unterschiedlich.

"Erntedank" verschiedene Samenkapseln
„Erntedank“ verschiedene Samenkapseln

Samenreinigen
Die Samen müssen jetzt gereinigt, das heißt vom Fruchtfleisch befreit, werden. Je nach Gattung ist das leichter oder schwerer zu bewerkstelligen. Bei Turbinicarpus, Astrophytum und Ariocarpus ist der Samen nach der Fruchtreife nicht mehr mit dem Fruchtfleisch verbunden. Sondern bereits trocken und kann einfach ausgeschüttelt werden. Ein Entfernen der Schmutzpartikel genügt und wir haben sauberes Aussaatmaterial. Während  bei Echinocereus, Mammillaria und Echinopsis es schon etwas aufwendiger wird. Hier muss der Samen erst vom anhaftenden Fruchtfleisch befreit werden. Meist geschieht dies durch Auswaschen in einem Sieb oder Leinen Beutelchen und anschließenden Trocknen. Ist weniger Fruchtfleisch an den Samen, kann es auch genügen die Samen zwischen zwei Papiertüchern hin und her zu reiben.
Ein anschließendes Beizen der Samen halte ich nicht für unbedingt notwendig. Wer dies aber als Vorbeugung gegen Pilze tun möchte, nimmt dazu Kaliumpermanganat, es genügt eine kleine Menge davon. Es gibt es als fertige Lösung. Oder auch als Pulver, das man in Wasser auflöst, es reicht, wenn sich das Wasser leicht verfärbt. Die Samen darin schwenken und danach trocknen lassen.  Jetzt lagern wir den Samen noch für 4-6 Wochen an einem kühlen aber luftigen Ort, damit die Keimsperre im Samenkorn abgebaut wird. Die Keimsperre ist notwendig, damit die Körner nicht schon in der Fruchtkapsel zur Keimung kommen.

Die Aussaat
Das wichtigste, was man wissen sollte, ist, das Kakteen Lichtkeimer sind. Das bedeutet, der Kakteensamen wird nicht mit Substrat abgedeckt. Nur auf die vorbereitete Erde ausstreuen und kurz andrücken, damit er eine Verbindung zum Substrat hat. Ich streue circa 50-100 Korn in einen Topf mit 6 cm Kantenlänge, darin ist Platz genug für die nächsten 12-15 Monate für die Sämlinge.
Das Aussaatsubstrat ist größtenteils mineralisch mit einem Zusatz aus Kokosfasern so genannter Kokohum, es gibt sie als gepresste Barren. Natürlich können Sie es auch mit anderen Substraten versuchen.
Aussaatgefäße sind ausgediente Kunststoffbehälter, wie sie zum Beispiel für Fleischsalat verwendet werden, Senfgläser mit Deckel, Kunststofftöpfe mit Klarsichtfolie abgedeckt, oder eine Kunststofftüte in die man einen Topf stellt und diese oben zubindet. Natürlich sind die Aussaatschalen mit Deckel und Heizung, die auch für Tomatenaussaat und so weiter angeboten werden die First-class Lösung für unsere Aussaaten.
Zusatzbeleuchtung (am besten Lampen mit einer Farbtemperatur von 6500K) sind je nach Jahreszeit von Vorteil.
Aber wer ab März oder April aussät, wird mit dem Licht auf der Fensterbank ganz gut auch ohne Lampenzusatz  auskommen. Wie schon gesagt Kakteen sind Lichtkeimer und benötigen zur Keimung Helligkeit, aber bei direkter Sonneneinstrahlung kann es zum Hitzestau unter der Plastikhaube kommen und die Keimlinge kochen regelrecht ab. In den ersten 4-8 Wochen wird deshalb der Aussaatbehälter mit Papier oder Gaze abgedeckt, sodass ein diffuses Licht entsteht. Dies vermindert auch gleichzeitig die Algenbildung. Der günstigste Temperaturbereich für die Keimung liegt zwischen 15 °C und 35 °C. Starke Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht sind der erfolgreichen Keimung dienlich.  Das Substrat sollte während dem ganzen Keimungsprozess nie ganz austrocknen. Wichtig ist auch, dass das Anstauen der Aussaatgefäße nur von unten geschieht und kein Regenwasser verwendet wird. Dies kann durch die Verschmutzungen in der Luft, die während des Regens mit ausgewaschen werden, zur schnelleren Algenbildung auf dem Substrat führen. Ich nehme Leitungswasser und dazu pro Liter 0,5gr Chinosol (Chinolinolsulfat-Kaliumsulfat), erhältlich in der Apotheke, zum Desinfizieren. Auch Versuche mit Schachtelhalmtee waren erfolgreich.
Die Aussaatbehälter sollten mindestens 4-5 Wochen verschlossen bleiben. Dann müssten die meisten oder sogar alle Samen gekeimt haben. Eine stetige Kontrolle während dieser Zeit ist unerlässlich um ein Austrocknen oder gar einen Pilzbefall zu vermeiden.

Hurra, man erkennt schon kleine Pflänzchen, was soll ich jetzt tun?
Früher habe ich immer schon 2-3 Monate nach der Keimung pikiert, oft mit katastrophalen Ausfälle. Die Keimlinge hatten noch nicht genügend Substanz, um in der rauen Wirklichkeit zu überleben. Ich habe dann festgestellt, wenn sie ein Jahr im Aussaattopf Kopf an Kopf standen, dass sie für das pikieren in neue Erde viel besser gerüstet waren. Doch dann sollte man nicht vergessen die Sämlinge ab und zu mit schwachen Düngergaben zu füttern, damit sie die Zeit in dem mageren Aussaatsubstrat überstehen. Nach dem Pikieren werden die kleinen Kakteen ein paar Wochen schattig aufgestellt bis sie etwas erstarkt sind und dann wie die großen Kakteen weitergepflegt.
Also dann kann es ja losgehen mit der Kakteenzucht.

Mist, da habe ich den falschen Samen erwischt!
Mist, da habe ich den falschen Samen erwischt!

13 Kommentare zu “Bestäubung bis zur Aussaat”

  1. Will den ersten Versuch starten, da an meinem Kaktus sich im letzten Jahr plötzlich eine Frucht bildete und jetzt das Abnehmen leicht fiel und in dem Fruchtfleisch viele schwarze Körner vorhanden sind. Die Vorschläge werde ich beachten, den Verlauf dokumentieren/fotografieren und das Ergebnis mitteilen.

  2. Hallo!
    In welches Substrat sollte man pikieren? Sämlinge sind jetzt ca. 8 Monate alt.
    Woran kann es liegen, dass unter gleichen Bedingungen ein Topf fast 100%
    Erfolg zeigt, der nächste ein kompletter Misserfolg ist?

    1. Hallo Herr Schad,
      nach dieser Zeit können Sie schon in Handelsübliche Kakteenerde pikieren.
      Warum es so unterschiedlich gekeimt ist kann ich ihnen nicht sagen, waren es verschiedene
      Samen, war die Trauermücke an einem Topf, ist ein Pilz im Substrat gewesen usw.? Es gibt so viele Unwägbarkeiten das man so was nicht beantworten kann.
      Gruß vom Kaktusmichel

  3. Bin gespannt. Habe aus dem Urlaub tausende Samen von Schwiegermutterstühlen mitgebracht. Werde verschiedene Verfahren ausprobieren. Kaufe mir so einen Brutkasten und los geht’s. Erfahrung habe ich nicht die geringste. mal schaun was rauskommt.

  4. Bin Neuling bei Kakteensamen. Meine Osterkakteen sind von dem Zeitpunkt wenn das Wetter es zulässt draußen und kommen im ungenutzt Gäste-WC bei ca 15 Grad in die Winterruhe. Dort hängt auch eine Winterlampe für die Strelitzie. Im Sommer haben sich Samenkapseln gebildet die jetzt gelöst haben. Was muss ich tun und was brauche ich um die Samen auszusäen . Ich freue mich über jeden Vorschlag und Hilfe

    1. Auch die Samen vom Osterkaktus werden wie es bei Kakteen üblich ist ausgesät. Früchte öffnen, Samen auf ein Papierküchentuch abstreichen, solange darauf abreiben bis sie trocken sind.
      Wegen der Keimsperre versuchsweise die Hälfte der Samen für 3 Monate trocken lagern. Die andere Hälfte sofort aussäen, es sind Lichtkeimer also nicht abdecken. Siehe dazu auch meinen Beitrag: https://www.kaktusmichel.de/Kaktusnews/bestaeubung-bis-zur-aussaat/. Und dann viel Glück 🙂

  5. Hallo.
    Ich war zum Jahreswechsel 2022/23 auf der Wunderschönen Insel Fuerteventura .Habe mir von dort selbst geerntete Ferokakteen Saat mitgebracht . Im Frühjahr dann mit vielen anderen Sämereien ausgesät.
    Die Ferokakteensaat hat sich nicht bewegt,während die restliche Saat gut aufgelaufen ist .Hätten die Kakteensamen gebeizt werden müssen. Ich war über Sylvester wieder auf der Insel und habe mir auch diesmal Saat von den gleichen Kakteen mitgebracht. Was muß ich anders machen ?
    viele Grüsse Norbert .

    w

    1. Hallo Norbert,

      Ferocactus-Samen keimen eigentlich sehr gut.
      Normalerweise braucht man die Samen nicht zu beizen, aber ich staue meist mit Chinosol bei der Aussaat an, um Pilzsporen zu entfernen, die an den Zuckerresten haften können. Aber in der Regel klappt es auch ohne Chinosol.
      Es kann sein, dass der Samen noch nicht ganz reif war
      oder es war ein Pilz darauf, der die Keimung verhindert hat.

      Mit freundlichen Grüßen Michael

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